Studie zum Innovationsverhalten deutscher Software-Entwicklungsunternehmen
Studie zum Innovationsverhalten deutscher Software-Entwicklungsunternehmen

Studie zum Innovationsverhalten deutscher Software-Entwicklungsunternehmen

Buch, Deutsch, 200 Seiten, Eigenverlag Holl

Autor: Prof. Dr. Friedrich Lothar Holl

Erscheinungsdatum: 2007


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Eigenverlag Holl

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Gegenstand der Studie

Die Informations- und Kommunikationstechnik und die mit ihr verbundenen oder auf ihr aufbauenden Produkte gehören zu den wesentlichsten und bestimmenden Faktoren und Wertschöpfungspotenzialen in den heutigen Industrieländern. Sie stellt eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts dar und ist mittlerweile integraler Bestandteil von Produkten in den ökonomisch bedeutendsten Bereichen. Die Anwendung der IuK-Technik ist eine der Voraussetzungen für kosteneffiziente Produktion, Dienstleistungen, Logistik usw. Eine Forschung ohne Einsatz und Nutzung von IuK ist inzwischen unvorstellbar - die rasante Entwicklung dieser Technologie im Zusammenhang mit Forschung erlaubt die Bewältigung komplexer Simulationen und ersetzt in weiten Bereichen aufwändige Prototypen, Tierversuche usw. Kommunikation, ortsgebunden über Kabel oder mobil über entsprechende Funknetze hat durch die Nutzung von IuK-Komponenten völlig neue Dimensionen erreicht. Der Zugang zu Informationen wird durch ihre Verfügbarkeit im Internet für jeden Computerbesitzer möglich und kann selbst durch autoritäre und undemokratische Regimes kaum verhindert werden.

Die Gestaltung des Weges in die auf der Entwicklung und Nutzung der IuK-Technik basierenden Informationsgesellschaft wird von den meisten Industrienationen als Chance für die Erhaltung oder Verbesserung der Prosperität und Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Volkswirtschaft gesehen. Die damit zusammenhängenden Aufgaben rangieren deshalb entsprechend hoch auf der politischen Agenda. Die Frage nach einer weltweit wettbewerbsfähigen Informationswirtschaft ist insofern einer der Dreh- und Angelpunkte wirtschafts-, forschungs-, technologie- und bildungspolitischer Prioritäten vieler Staaten, unter anderem auch der Bundesrepublik ([Bundesregierung 2000], S.15).

Im Zusammenhang mit der IuK-Technik ist Software als der fundamentale Werkstoff zu bezeichnen ([Broy, Jarke, Nagl, Rombach 2006] S. 210) und ist somit eine der wesentlichen Stellgrößen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen. Ihre erfolgreiche Entwicklung in funktionaler und qualitativer Hinsicht beinhaltet die Grundlagen für die Nutzung jeglicher IuK-bezogener Produkte. Damit zeigt sich, dass über Software ein großer Teil der Neuerungen umgesetzt werden muss, die Produkte und Dienstleistungen am Weltmarkt interessant und wettbewerbsfähig machen.

Andererseits zeigt sich, dass sich die Produktivität der traditionellen Software-Entwicklung in den letzten Jahren kaum weiter entwickelt hat. Die Bundesrepublik konnte den Abstand zu den führenden IuK-Nationen gleichfalls nicht wirklich verringern.

Zudem werden neue Entwicklungen – wie bspw. die Open-Source-Software - als Alternative häufig noch nicht ernst genommen. Alternativ mögliche Geschäftsmodelle werden ebenso wenig in Betracht gezogen, wie das innovative Potenzial das sich insbesondere in dem zu Grunde liegenden Organisationsmodell manifestiert. Ebenso wenig ist die Nutzung externer Ressourcen ein Potenzial auf das Unternehmen explizit zugreifen (vgl. [Holl, Heinrich, Menzel, Mühlberg, Schäfer, 2006]).

Die Frage, die sich stellt ist, inwieweit die deutschen Software-Entwicklungsunternehmen ausreichend auf die Anforderungen ausgerichtet sind, die der Weg in die Innovationsgesellschaft an alle stellt. Sind Sie in der Lage, beispielsweise den Trend zur “Open-Innovation” mit umzusetzen? Gibt es überhaupt eine” Innovationskultur”, ein adäquates Innovationsmanagement, eine systematische Organisation der Innovationsprozesse und deren Integration in die Software-Entwicklung? Sind die Unternehmen methodisch ausreichend auf das sich immer stärker steigernde Innovationstempo eingestellt und in der Lage die Rahmenbedingungen, die Forschungsansätze für die technische Weiterentwicklung der Software-Entwicklung bereitstellen, umzusetzen? Inwieweit sind deutsche Software-Entwicklungsunternehmen in der Lage die anstehenden Internationalisierungstendenzen zu berücksichtigen, mit all ihren organisatorischen und ökonomischen Konsequenzen?

Ergebnisse:

In beiden Bereichen unserer Umfrage ergaben sich insbesondere bei den kleinen Unternehmen deutlich sichtbare, allgemeine Probleme in der „Innovationskultur“ und damit in der Organisation von Ideen- und Innovationsentwicklung, Qualität sowie der Produktion von Software. Diese schlagen sich vor allem in einem fehlenden Innovationsmanagement, wenig ingenieurmäßigen Entwicklungsprozessen sowie mangelndem Qualitätsempfinden und -bewusstsein nieder. Lediglich die von uns befragten großen Unternehmen gehören zu den etwas positiveren Beispielen. Allerdings wurde auch hier nur bei sehr wenigen ein für die Entwicklung von Innovationen nötiges organisiertes Innovationsmanagement gefunden.

 

So ist das nicht nur für ein Innovationsmanagement unverzichtbare Qualitätsmanagement beispielsweise weder für die kleinen noch die großen Unternehmen eine notwendige grundlegende Voraussetzung. Nur gerade einmal 30% gaben an, die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen mittels eines entsprechenden Managementsystems zu prüfen und gegebenenfalls zu verbessern. Wie wir insbesondere in den Interviews feststellen mussten, begnügen sich vor allem die kleineren Unternehmen eben eher damit, dass ihre Software funktionell soweit wie möglich richtig arbeitet und die notwendigen Berechnungen korrekt durchführt. Weitere Qualitätskriterien werden in der Regel nicht beachtet, obwohl wir auch „positive“ Ausreißer fanden. Große Unternehmen denken hier üblicherweise weiter und beziehen nicht nur den fehlerfreien, sondern auch den stabilen Programmablauf, ausführliche Tests sowie ein an die Benutzer und ihre Denkweise angepasstes Frontend in die Qualitätsdefinition mit ein.

 

Die Prozesse zum Erreichen der geforderten Qualität werden in größeren Unternehmen - wobei wir bei Software-Entwicklungsunternehmen schon bei 20 Beschäftigten von „größeren ...“ reden - zudem meist durch entsprechende, modulare Strukturen unterstützt. Allerdings konnten wir auch hier nicht immer wirklich modular bzw. projektorientiert aufgebaute und damit gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen und neuen Ideen gut gewappnete Entwicklungsprozesse finden. Hinzu kommt, dass je strenger hierarchisch und je weniger prozessorientiert die Entwicklung aufgebaut ist, Entscheidungs- und Kommunikationswege deutlich länger werden, was die Flexibilität der Entwicklung – nicht nur gegenüber aktuellen Hindernissen, Marktentwicklungen etc. – weiter einschränkt. Auch der kreative Spielraum Einzelner bei der Lösung von Problemen wird hierdurch stark begrenzt.

 

Die Vermutung, dass die Größe eines Unternehmens einer der wesentlichen und bestimmenden Faktoren für Unternehmens- und Innovationskultur ist, zeigte sich bereits in den geführten Interviews. So haben wir in den großen befragten Unternehmen eher eindeutige Prozesse, Kompetenzen, Rahmenbedingungen und Strukturen gefunden, auch im Zusammenhang mit der Innovationsentwicklung. Eine Ursache hierfür kann im Alter der Unternehmen, eine weitere in ihrer Größe gesehen werden.

 

Die in der Studie befragten kleinen Unternehmen sind hingegen meist jünger, noch nicht so lange am Markt und deshalb auch vielfach nicht in der Deutlichkeit mit Problemen konfrontiert worden, die weitreichende organisatorische Strukturierungen erfordert hätten. Insofern findet sich in dieser Gruppe von Unternehmen praktisch kein einziges, bei dem von einem organisierten Innovationsmanagement gesprochen werden könnte. Einer der Befragten bemerkt wohl symptomatisch, dass sein Produkt einfach „fast zu gut ... [laufe]“. Dies weist in aller Deutlichkeit darauf hin, dass hier weder Innovations-, Qualitäts- noch Marketingprobleme bestehen, die einer interne Strukturierung der Organisation bedürfen - zumindest nicht in der nächsten Zeit.

 

Insgesamt lässt sich feststellen, dass viele der befragten Unternehmen recht gut am Markt positioniert sind und immer wieder – auch innovative – Entwicklungen hervorbringen. Insofern ist auch nachzuvollziehen, dass sich die große Mehrheit der Betriebe (fast 90%) als „innovatives Unternehmen“ einstuft, obwohl wir diese Einschätzung bei genauer Betrachtung zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen mussten.

 

Allerdings ist die Software-Entwicklungsindustrie keinesfalls in ähnlichem Maße innovativ, wie dies bei den traditionellen Unternehmen zu finden ist. Software-Entwicklungsunternehmen haben keine wirklich ausgeprägte Innovationsstruktur oder –kultur. Die wenigsten Unternehmen sind unseres Erachtens darauf vorbereitet, Innovationen gezielt entwickeln zu können; Innovationen scheinen eher zu „geschehen“ als dass versucht wird, sie in einem geplanten und strukturierten Prozess herauszuarbeiten oder zumindest zu befördern. Um das Überleben eines Unternehmens langfristig zu sichern oder eine bessere Position auf dem Weltmarkt zu erreichen reicht dies jedoch nicht aus. Hierzu müssten vor allem (offene) Innovationsstrukturen offensiv gefördert und/oder zugelassen sowie eine größere Offenheit gegenüber neuen Prozessen und Technologien entwickelt werden. Nur darüber lassen sich deutlich innovativere Produkte entwickeln als bisher und beispielsweise auch die Qualität, Wiederverwendbarkeit und Re-Engineering-Fähigkeit der hergestellten Software rapide steigern.

 

Sind hierzu erst einmal das entsprechende Bewusstsein und Hintergrundwissen geschaffen, sollte die Stabilisierung und nicht zuletzt Verbesserung der Weltmarktposition deutscher Software-Entwicklungs-Unternehmen nur noch eine Frage der Zeit sein.

 

 

Prof. Dr. Friedrich Lothar Holl

DE, Brandenburg

Fachhochschule Brandenburg FB Wirtschaft Professur für Bürokommunikation und Verwaltungsautomation

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