Die gesellschafterliche Treuepflicht in Sanierungsfällen
Die gesellschafterliche Treuepflicht in Sanierungsfällen

Die gesellschafterliche Treuepflicht in Sanierungsfällen

Empfehlungen für die Restrukturierungspraxis

Aufsatz, Deutsch, 8 Seiten, Der GmbH-Steuer-Berater

Erscheinungsdatum: 2010


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In der Unternehmenskrise sind Eigenkapitalmaßnahmen der Gesellschafter ein probates Mittel zur finanziellen Restrukturierung. Sofern es Gesellschafter gibt, die sich daran nicht beteiligen, scheiden diese bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelung aus der Gesellschaft aus – und haben Nachschüsse zu leisten, falls daraufhin ein Fehlbetrag als Auseinandersetzungsguthaben festgestellt wird. Die Wirksamkeit des Beschlusses für eine solche Satzungsregelung hat der BGH nunmehr mit Urteil vom 19.10.2009 (BGH v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, GmbHR 2010, 32 - "Sanieren oder Ausscheiden") bestätigt und insoweit auf gesellschafterliche Treuepflichten verwiesen. Die aktuelle Entscheidung wird in dem Aufsatz (GmbH-StB 2010, Ausgabe 2 - Details siehe dort) analysiert - für eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken einer GmbH lassen sich zusammenfassend folgende Grundsätze herleiten:

Formale Voraussetzung für die Sanierungsmaßnahme ist eine Satzungsänderung. Der erforderliche Gesellschafterbeschluss kann vorsehen, dass jeder Gesellschafter entweder einen Nachschuss leistet oder ausscheidet. Ob der Nachschuss letztlich geleistet wird, muss frei entschieden werden können, d.h. im Beschluss darf der Nachschuss nicht bereits verpflichtend festgelegt werden.

Sind sich alle Gesellschafter einig, dass kein Nachschuss für die Sanierung erfolgen und die Gesellschaft in die Insolvenz geschickt werden soll, können sie aus der gesellschafterlichen Treuepflicht nicht verpflichtet sein, einem Ausscheiden zuzustimmen. Denn kein Gesellschafter kann zum Nachschuss verpflichtet werden. Sprechen sich auch nur einzelne Gesellschafter für die Sanierungsmaßnahme aus, so können sanierungsunwillige Gesellschafter aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht zum Nachschuss oder zum Ausscheiden verpflichtet sein:

  • Dazu muss die Sanierungsmaßnahme sinnvoll sein, was einerseits eine tatsächliche Perspektive bei Fortführung der Gesellschaft erfordert. Ihre Zukunftschancen sollten daher im Sanierungskonzept anhand von Marktanalysen und Business Cases dargelegt werden. Andererseits muss die Going Concern Ratio niedriger sein als die Termination Ratio.
  • Ist die Sanierungsmaßnahme wirtschaftlich sinnvoll, muss jeder Gesellschafter entscheiden, ob er einen Nachschuss leistet oder ausscheidet – diese Entscheidung ist digital, d.h. ein Verbleib ohne eigenes zusätzliches Risiko ist den übrigen nachschussbereiten Gesellschaftern unzumutbar, weil nur sie die Früchte der Sanierung ernten können sollen.
  • Dem Ausschluss der sanierungsunwilligen Gesellschafter dürfen keine schützenswerten Belange entgegenstehen. Dazu muss der Nachschuss wegen eines negativen Auseinandersetzungsguthabens niedriger sein als der Nachschuss bei sofortiger Liquidation. Falls finanzschwache Gesellschafter die Sanierungsmaßnahme nicht mittragen können, scheiden diese wegen des Prinzips der unbeschränkten Vermögenshaftung dennoch aus der Gesellschaft aus und haben den anteiligen Fehlbetrag zu leisten.

In der Restrukturierungspraxis dürfte es aufgrund des analysierten BGH-Urteils zunehmend bedeutsam werden, dass Rechtsanwälte und Sanierungsberater nicht nur die rechtlichen Risiken aufzeigen, sondern auch die dargestellte ökonomische Szenarioanalyse vornehmen. Der BGH hat eine sanierungsfreundliche Entscheidung getroffen, die risikobereite Gesellschafter stärkt und konsequenterweise nur ihnen die Früchte der Sanierung zukommen lässt.

 
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