Interessen der Mitarbeiter berücksichtigen
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Interessen der Mitarbeiter berücksichtigen

Arbeitgeber muss geplante Betriebsänderungen mit Betriebsräten besprechen

Beitrag, Deutsch, Berliner Verlag GmbH & Co. KG

Autor: Andreas Dittmann

Erscheinungsdatum: 10.03.2007

Quelle: Berliner Zeitung


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Arbeitgeber muss geplante Betriebsänderungen mit Betriebsraten beraten
Ein Verstoß führt zu einklagbarem Nachteilsausgleich


von Andreas Dittmann

Die wirtschaftliche Lage erwartet von Unternehmern Flexibilität und die Fähigkeit, sich den neuen Anforderungen möglichst rasch anzupassen. Auch der Verlust wichtiger Aufträge kann dazu führen, dass sich das Unternehmen umstrukturieren muss. Die unternehmerischen Entscheidungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von der Verlegung von Betriebsteilen oder ganzen Betrieben bis hin zur kompletten Stilllegung. Dass dabei die Belange der Beschäftigten erheblich betroffen sein können, liegt auf der Hand. Diese sogenannten Betriebsänderungen unterliegen daher den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates.
In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern und einem existierenden Betriebsrat hat der Arbeitgeber vor der Umsetzung mit dem Betriebsrat die geplante Betriebsänderung zu beraten, soweit diese wesentlichen Nachteile für wesentliche Teile der oder die gesamte Belegschaft haben können. Bei Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat einen externen Berater hinzuziehen. Empfehlenswert ist jedenfalls der Einblick in die für die Entscheidung zugrunde liegenden Finanzdaten, um sich auch ein Bild über die wirtschaftliche Situation machen zu können. Hierbei ist der Wirtschaftsausschuss hilfreich. Die Betriebsparteien müssen sodann den Abschluss eines Interessenausgleichs versuchen. Sollten sich die Parteien nicht einigen können, kann die Einigungsstelle angerufen werden, die dann eine Einigung herbeiführt. Letztlich kann auch der Spruch der Einigungsstelle durch beide Seiten vor dem Arbeitsgericht im Beschlussverfahren angefochten werden.
Besteht die Betriebsänderung in Firmen, die länger als vier Jahre existieren und einen Betriebsrat haben, ausschließlich in Form eines Personalabbaus, kann der Betriebsrat den Abschluss eines Sozialplans erzwingen. Der Personalabbau muss gemäß § 112 a Betriebsverfassungsgesetz in Abhängigkeit der Beschäftigtenzahl des Betriebes wenigstens 6 Arbeitnehmer oder 20 % betreffen und ist bei höheren Beschäftigtenzahlen entsprechend abgestuft.
Verhandelt der Arbeitgeber nicht, haben die Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung als Nachteilsausgleich. Das gilt ebenfalls, wenn der Arbeitgeber von dem vereinbarten Sozialplan abweicht. In beiden Fällen können die Mitarbeiter wegen des Verstoßes des Arbeitgebers gegen die Vereinbarung bzw. selbst oder gegen die Verhandlungspflicht gerichtlich eine Zahlung für die Entlassung verlangen. Die Höhe des Nachteilsausgleich orientiert sich an den Grundsätzen des § 10 Kündigungsschutzgesetz. Dabei kann der Nachteilsausgleich bis zu einem Bruttojahresgehalt betragen. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Abfindungshöhe spielt wegen des Sanktionscharakters der Norm nur eine untergeordnete Rolle. Letztlich wird unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls, wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Unterhaltsverpflichtungen oder Schwerbehinderungen vom Arbeitsgericht eine angemessene Abfindung bestimmt. Der Anspruch muss von jedem betroffenen Mitarbeiter selbst geltend gemacht werden. Der Betriebsrat ist hierzu nicht berechtigt.
Der Autor ist Rechtsanwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht in der Kanzlei Dittmann & Kahlau in Berlin - Mitte

Andreas Dittmann

DE, Berlin

Dittmann & Kahlau Rechtsanwälte

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