Leerstand in Plattenbauten: Neben Abriss sind auch Erweiterung und Modernisierung denkbar
Leerstand in Plattenbauten: Neben Abriss sind auch Erweiterung und Modernisierung denkbar

Leerstand in Plattenbauten: Neben Abriss sind auch Erweiterung und Modernisierung denkbar

Beitrag, Deutsch, Eine Seite, Immobilien Zeitung Verlagsgesellschaft mbH

Autor: Prof. Dr. Thomas Heilfort

Herausgeber / Co-Autor: Dipl.-Ing. Juliane Spaak

Erscheinungsdatum: 2001


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In den neuen Bundesländern stehen rund 1 Million Wohnungen leer. Davon sind Plattenbauten in sehr unterschiedlichem Maße betroffen. Eine Studie des Instituts für Baubetriebswesen der TU Dresden liefert marktorientierte Entscheidungshilfen und Kostenkennzahlen zur Frage, wann Plattenbauten abgerissen und wann sie entwickelt werden sollten. Thomas Heilfort und Juliane Spaak fassen die Ergebnisse zusammen.
Das standorttypische Verhältnis von Wohnraumangebot und -nachfrage bestimmt den Umgang mit Plattenbauten. Wenn auf der Nachfrageseite Abwanderung dominiert, gleichzeitig aber zusätzlicher Wohnraum das Angebot erhöht, entsteht struktureller Leerstand. Den betroffenen Wohnungsunternehmen bleiben in diesen Fällen außer Abriss und Rückbau kaum Alternativen. 
Anders verhält es sich an Standorten mit einem derzeit ausgeglichenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Mittel- bis langfristig werden zwar auch hier die für den Plattenbau typischen kleinen und mittleren Wohnungsgrößen sowie die Uniformität des Wohnungsangebotes auf sinkende Nachfrage stoßen; diesem Trend kann aber durch die Entwicklung ganzheitlicher Konzepte begegnet werden. Dabei ist ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen zur Angebotsverringerung bei gleichzeitiger Stabilisierung der Nachfrage anzustreben. 
Die Vielzahl möglicher Einzellösungen kann in vier Varianten zusammengefasst werden:
(1) Die Variante Modernisierung reicht von der einfachen Bestandssanierung bis zur marktorientierten Aufwertung. Typische Maßnahmen einer aufwändigeren Modernisierung sind Balkonanbau, Grundrissänderungen oder Gestaltung der Außenanlagen. 
(2) Die Variante Erweiterung besteht zusätzlich zur Modernisierung aus Maßnahmen zur Erhöhung des Wohnraumangebotes. Typisch ist die Errichtung weiterer Geschosse, eines Eckanbaus oder eines meist ausgebauten Daches. In Abhängigkeit von den spezifischen Gegebenheiten und den Regelungen des Bebauungsplans sind sogar Ergänzungsbauten möglich. 
(3) Der (Teil-) Rückbau reduziert bei gleichzeitiger Modernisierung des Restbestandes die Geschosszahl. 
(4) Die Variante Abriss umfasst die komplette Beseitigung von Wohnblöcken mit anschließender Freiflächengestaltung oder Umnutzung, zum Beispiel durch die Errichtung von Einfamilienhäusern. 
Zur Identifizierung von Normstrategien dient das Immobilien-Portfoliomanagement mit einer Portfoliomatrix, die den Immobilienbestand hinsichtlich Nachfragesituation und Anteil am Wohnungsangebot bewertet. Beide Parameter beziehen sich auf ein Marktsegment, im Fall von Plattenbauten auf einfache Geschosswohnungen eines (Mikro-)Standortes. 
Die Nachfragesituation eines Marktsegmentes ist dann positiv einzuschätzen, wenn mehr Nachfrager in den Markt ein- als austreten. Umgekehrt entsprechen hohe Abwanderungsraten einer negativen Situation. In das Beispielportfolio (Abb. 1) sind zwei Plattenbaubestände A und B mit ihren jeweiligen Entwicklungsperspektiven eingetragen. Im Fall A bestimmt sich die Position des Bestandes aus einer positiven Nachfragesituation und einem relativ niedrigen Plattenbauanteil. Im Beispiel handelt es sich um eine kleinteilige, innerstädtische Lückenbebauung. Die Normstrategie zielt hier auf die Variante Erweiterung, zum Beispiel durch Dachaufbauten. 
Anders verhält sich die Situation im Fall B, einer Plattenbaugroßsiedlung am Stadtrand. Bei hoher Nettoabwanderung und einem fast hundertprozentigen Plattenbauanteil bleibt nur der Abriss, um den Bestand der sinkenden Nachfrage anzupassen. Neben einer allgemeinen Auflockerung kann so auch Platz für marktgerechte Wohnbauten geschaffen werden, die wiederum das soziale Umfeld verbessern. 
Werden nun alle Immobilien eines Mikrostandortes mit ihren Entwicklungstrends in das Portfolio eingetragen, kann aus den Normstrategien einzelner Objekte eine Gesamtstrategie entwickelt und wirtschaftlich bewertet werden. 
Eine Analyse abgeschlossener Bauvorhaben hat Kostenkennwerte für die Umsetzung der einzelnen Varianten ermittelt. Bei den Kennwerten ist zu beachten, dass die Bezugsbasis jeweils unterschiedlich ist. Während die Modernisierung auf eine Bestandsverbesserung bei gleicher Wohnfläche abzielt und der Dachaufbau zusätzliche Wohnfläche schafft, beziehen sich die angegebenen Kosten für Teilrückbau und Abriss auf die beseitigte Wohnfläche.
Der Vergleich der Baukosten allein führt noch zu keinem Ergebnis. Wichtiger ist vielmehr, ob und zu welchen Preisen der aufgewertete, rückgebaute oder erweiterte Plattenbaubestand überhaupt vermietet werden kann. Unter Umständen kann hier ein Weniger an Wohnfläche ein Mehr an Mieteinnahmen bedeuten, da sich durch ein attraktiveres Wohnumfeld die nachhaltige Vermietbarkeit des Restbestandes verbessert. 
Das Problem der industriell gefertigten Großsiedlungen ist die geänderte Marktsituation. Die Nachfrageseite dominiert heute das Angebot, nicht umgekehrt. Hoher Leerstand und soziale Probleme in Plattenbaugroßsiedlungen sind insofern Indikatoren für die mangelnde Akzeptanz des Wohnraumangebotes. In diesen Fällen bestehen neben dem Abriss keine Alternativen. 
Hingegen macht an guten Standorten mit positiver Nachfragesituation die Modernisierung, möglicherweise auch die Erweiterung von Plattenbauten Sinn. Dabei kann durchaus attraktiver Wohnraum geschaffen werden. Dafür ist jedoch unabhängig von den Ausgangsbedingungen der Wohnungsunternehmen schnelles und marktorientiertes Handeln erforderlich. 

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Prof. Dr. Thomas Heilfort

DE, Dresden

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