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Outsourcing: Über Möglichkeiten, Vorteile und Limitierungen unternehmerischer Auslagerungen

 


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Warum in Eigenregie erledigen, was andere ebenso gut als Auftragsarbeit machen können? Mit dieser Frage lässt sich theoretisch und praktisch jede unternehmerische Funktion, jede Aufgabe, jeder Prozess konfrontieren. Ebenso theoretisch und praktisch ist es heute möglich, all diese genannten Faktoren folgerichtig outzusourcen. 

Doch was bringt Outsourcing einem Unternehmen wirklich? Wo ist es sinnvoll und wo sollten Selbstständige vorsichtig sein?

Outsourcing: Andere machen lassen

Was ist Outsourcing? Primär handelt es sich dabei um einen Dachbegriff, unter dem sich mehrere Vorgehensweisen zusammenfinden. Diese mögen sich in der Art und Zielsetzung unterscheiden, letzten Endes läuft es jedoch immer auf einen gleichartigen Ansatzpunkt hinaus:

Etwas, das ein Unternehmen X macht oder benötigt, um seine wirtschaftlichen Ziele zu erfüllen, wird nicht (mehr) durch Unternehmen X durchgeführt, sondern an Unternehmen Y ausgelagert – oder outgesourct. 

Die maßgeblichen Details werden bestimmt durch

  • Umfang,
  • Entfernung,
  • Dauer und
  • Art

der auszulagernden Aufgaben, Prozesse und/oder Funktionen. Beispielsweise könnte ein Unternehmen beschließen, lediglich die Stammkundenbetreuung an einen Callcenter-Dienstleister outzusourcen – eine Minimallösung. Ebenso könnte eine Firma eine Agentur damit beauftragen, nur das einmalige Designen eines neuen Web-Auftritts zu übernehmen; das wäre ein Outtasking. Ebenso könnte jedoch etwa ein Industriebetrieb beschließen, eine ganze Herstellungskette auszulagern; beispielsweise in ein Land, in dem günstigere Lohnbedingungen herrschen.

Seitdem in den 1960ern Outsourcing erstmalig in größerem Stil in westlichen Industrien praktiziert wurde, hat sich das Auslagern in der gesamten Wirtschaftswelt zu einem umfassend praktizierten und völlig normalisierten Vorgehen entwickelt – ohne das es vielfach sogar nicht mehr geht. 

Allein, was das Thema IT anbelangt, sind die Optionen derart mannigfaltig, dass sich das Kürzel XaaS etabliert hat – Anything (X) as a Service. Darunter fallen einfache Prozesse wie reine Cloud-Speicher ebenso wie deutlich komplexere Elemente wie ganze IT-Infrastrukturen und nicht zuletzt das Thema Cybersecurity. Doch was sind die wirtschaftlich relevanten Gründe für dieses Vorgehen?

Outsourcing – längst nicht nur eine monetäre Entscheidung

Man könnte versucht sein, hinter jeder Form von Outsourcing einzig und allein finanzielle Gründe als Raison d'Être zu vermuten. Ganz falsch ist diese Denkweise zwar nicht. Allerdings ignoriert sie völlig, wie vielfältig die tatsächlichen Gründe und Möglichkeiten sind, die hinter der Entscheidung zum Auslagern stehen:

  • Flexibilität: Die Änderung von internen Abläufen zur Reaktion auf äußerliche Veränderungen kann kostspielig und langwierig sein – oder mitunter sogar durch die (aktuelle) Nichtverfügbarkeit von benötigten Techniken verunmöglicht werden. Outsourcing gestattet es hingegen, deutlich flexibler auf derartige Veränderungen zu reagieren. Besonders in der IT macht sich das bemerkbar. Einer der Hauptgründe, warum das oben genannte XaaS-Prinzip heute so umfassend und verbreitet ist, ist die extreme Vielfalt von IT-Lösungen gepaart mit schnellen Entwicklungsprozessen. Diesen inhouse zu folgen, wäre deutlich komplexer als das Beauftragen externer Dienstleister.
  • Kompetenzfokussierung: Jedes Unternehmen hat Kernkompetenzen. Ebenso kann es jedoch nötige Aufgaben geben, die jenseits davon liegen. Ergo wird ein Partner damit beauftragt, bei dem genau das zu seinen Kernkompetenzen gehört – damit das auftraggebende Unternehmen sich wieder auf seine eigentlichen Stärken fokussieren kann.
  • Kostenoptimierung: Inhouse-Prozesse benötigen stets die meisten Investitionen. Outsourcing hingegen kostet typischerweise nur die Leistung an sich. Dadurch werden sowohl die unternehmerischen Kosten optimiert als auch die Kapitalbindungen verringert.
  • Leistungsmaximierung und Skalierbarkeit: Outsourcing ermöglicht es, Aufgaben von Dritten erledigen zu lassen, die unternehmerisch dafür besser aufgestellt und/oder kompetenter sind. Gleichsam können die benötigen Leistungen bedarfsbezogen skaliert werden. In ähnlicher Herangehensweise lassen sich die Kapazitäten des eigenen Hauses und des externen Betriebes bündeln, um somit deutlich mehr leisten zu können, als beide Firmen es jeweils für sich könnten – hier ist übrigens die Grenze zum Joint Venture fließend.
  • Negierung von Fachkräftemängeln: Nicht jedes Unternehmen kann für sämtliche Aufgaben Spezialisten anstellen. Die Gründe dafür sind vielfältig, reichen von grundsätzlichen Fachkräftemängeln über zu hohe Kosten für Festanstellungen bis hin zur Personalgesetzgebungen, die zu starr für die benötigten Modelle sind. Daher kann es probat sein, andere Firmen zu beauftragen, die über dieses Personal verfügen.
  • Umgehung staatlicher Restriktionen: Was diverse unternehmerische Prozesse anbelangt, existieren in den meisten Staaten detaillierte gesetzliche Vorgaben und Limitierungen. Nicht zuletzt in einer globalisierten Welt, in der es fast 200 unterschiedliche Staaten gibt, können die Gesetze einzelner Nationen jedoch starke Wettbewerbsnachteile bedeuten. Beispielsweise, weil hier mehr Steuern zu zahlen oder umfassendere Auflagen zu beachten sind. Outsourcing an Unternehmen in Staaten mit weniger restriktiven Vorgaben kann dabei helfen, das eigene Haus wettbewerbsfähiger zu machen. Allerdings: Gerade dieser Grund des Outsourcings wird stark diskutiert und kritisiert; etwa, weil dadurch Klimaschutzmaßnahmen unterlaufen und eigene Emissionen ebenfalls outgesourct werden.
  • Risikominimierung: Etwas im eigenen Haus durchzuführen, erst recht, wenn das Unternehmen damit Neuland betritt, dafür teure Investitionen nötig sind und/oder die Aufgabe nicht zu den Kernkompetenzen gehört, ist stets mit einem hohen unternehmerischen Risiko verbunden. Da heute in faktisch keinem Betrieb „Platz zum Scheitern“ vorhanden ist, wird das Risiko durch Outsourcing weitestgehend an andere ausgelagert. Der Auftraggeber trägt primär nur das vergleichsweise geringe Risiko der Kosten für den jeweiligen Auftrag.  

In der anglophonen Welt existiert das Sprichwort „Do what you can do best, oursource the rest”. Also sinngemäß übersetzt “Mach das, was du am besten kannst, und lagere den Rest aus“.

Mit diesem Sinnspruch, der auf den bekannten Wirtschaftsexperten Peter Drucker zurückgeht, lässt sich eine wichtige Motivation für jede Form von Outsourcing zusammenfassen: Andere Unternehmen können etwas „besser“ machen. Sei es günstiger, schneller, flexibler, hochwertiger, mit mehr Erfahrung, oder alles zusammen. Obendrein werden Fix- in variable Kosten umgewandelt, lassen sich Kosten viel präziser und einfacher ermitteln und wird die Wertschöpfungstiefe verringert.

Damit sind ebenso bereits die größten Stärken des Outsourcings zusammengefasst. Allerdings dürfen dabei nicht die Risiken und Limitierungen vergessen werden.


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Outsourcing: Abgeben von Kontrolle als Kernfaktor

Eine der wichtigsten Bedingungen des Outsourcings ist gleichsam der größte Problemfaktor dieses Prinzips: Outsourcing muss im Vorfeld in jeglicher Hinsicht und mit sämtlichen potenziellen Auswirkungen bis zum Ende durchgeplant und durchdacht werden. 

Viele Unternehmen machen diesbezüglich den Fehler, weder zu Beginn noch im Verlauf der Kooperation eine hinreichend präzise und immer wieder aktualisierte Rentabilitätsberechnung anzustellen. Genauer: Es werden vielfach nur die reinen Kosten verglichen, Inhouse versus Outsourcing – obendrein oft zu selten. Dadurch werden vielfach einige der unvermeidbaren Nebenwirkungen und potenziellen Nachteile des Outsourcings nicht korrekt erkannt und einbezogen:

  • Wissens- und Kompetenzabflüsse: Outsourcing bedeutet stets, Dritten teils umfassende Einblicke in eigene Interna zu geben. Natürlich können Verschwiegenheitsklauseln helfen, aber die Gefahr ist niemals gänzlich vermeiden. Nebenbei kann das Auslagern mittel- bis langfristig zum Verlust eigener Kompetenzen auf dem Gebiet führen.
  • Aufbau von Abhängigkeiten: Wenn Dritte zentrale Elemente des eigenen Geschäfts erledigen, geht in jeglicher Hinsicht Handlungsfreiheit verloren.
  • Erhöhung der Störungsanfälligkeit: Je stärker aufgeteilt und räumlich weiter entfernt die outgesourcten Prozesse sind, desto empfindlicher wird dieses „Netz“ für Störungen jeglicher Art. Gut zu sehen während der Pandemie und im aktuellen Ukraine-Krieg.
  • Kulturelle- und Work-Ethic-Unterschiede: Nicht immer sind die Qualitätsansprüche von Auftraggeber und -nehmer deckungsgleich. Beim Outsourcing in andere Kulturbereiche kommen überdies noch häufig Mentalitätsunterschiede hinzu. Diese können zumindest Anlaufschwierigkeiten verursachen, mitunter jedoch viel stärkere Kontrolle nötig machen als eigentlich geplant. 
  • Kontrollverluste: Was im eigenen Haus getätigt wird, unterliegt ständiger Kontrolle, wodurch Abweichungen sofort erkannt und behoben werden können. Beim Outsourcing wird das durch die räumliche Distanz erschwert. Mitunter kommen noch Kommunikationshürden hinzu.

Nicht zuletzt muss eine Realität bedacht werden: Outsourcing-Verträge sind selten Exklusivverträge. Dadurch kann Eigenständigkeit verlorengehen, wenn der Auftragnehmer mit anderen Unternehmen vergleichbarer Ausrichtung zusammenarbeitet.


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Outsourcing: Best Practices für das Vorgehen

Es wurde bereits angesprochen: Sehr präzises und konservatives Durchrechnen sollte der Ausgangspunkt jeglicher Outsourcing-Überlegungen sein. Jenseits davon sollten verantwortungsvolle Unternehmer jedoch noch mehr tun.

  1. Vornehmlich nur solche Prozesse outsourcen, für die im eigenen Haus sowieso nur geringe Kompetenzen vorhanden sind. Das umfasst beispielsweise die IT ebenso wie verschiedenste handwerkliche Leistungen. 
  2. Niemals outsourcen um des Outsourcings Willen oder weil Konkurrenten es ebenfalls machen. Sondern stets nur dann, wenn sich messbar positive Effekte einstellen werden.
  3. Keine „Verkümmerung“ der eigenen Kernkompetenzen dulden. Was das „Herz“ eines Hauses ausmacht, sollte stets in dessen Händen bleiben und gepflegt werden.
  4. Genaues Betrachten der eigenen Corporate Identity. Wenn der Service Provider sich diesbezüglich stark unterscheidet, kann es zu nachteiligen Glaubwürdigkeitsverlusten kommen – etwa in Sachen Arbeitnehmer- oder Klimaschutz.
  5. Niemals unbeobachtet laufen lassen. Alle ausgelagerten Prozesse sollten so häufig wie möglich nach eigenen strengen Kriterien bewertet und justiert werden. Der Auftragnehmer muss sich anpassen, niemals der Auftraggeber.
  6. Unbedingt die Vertragsinhalte auf das Sorgfältigste durch Experten überprüfen lassen, damit es keine Missverständnisse gibt.

Last, but not least, sollten Outsourcing-willige Unternehmen unbedingt eine Maxime verfolgen: Die Auswahl potenzieller Partner sollte stets maximal faktenorientiert stattfinden. Niemals sollte es zu Prozessen kommen, bei denen schon zu Beginn de facto feststeht, für wen sich das Management letztlich entscheiden wird – und sei es nur, weil die Auswahl der Teilnehmer verzerrt ist.