Sozialversicherung bei Gesellschaftern und Organen
Sozialversicherung bei Gesellschaftern und Organen

Sozialversicherung bei Gesellschaftern und Organen

Beitrag, Deutsch, 3 Seiten, Keller Menz Rechtsanwälte

Autor: Sanjay Bakshi

Herausgeber / Co-Autor: Keller Menz Rechtsanwälte

Erscheinungsdatum: 08.09.2006


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Sozialversicherung bei Gesellschaftern und Organen

 

Nachdem das Bundessozialgericht in seinem viel beachteten und von in der Tat allen Seiten massiv kritisierten Urteil vom 24.11.2005 - Az. B 12 RA 1/04 R - zu dem kaum nachvollziehbaren Ergebnis gelangt war, der Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH könne gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig sein, weil er im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber - nämlich die GmbH, deren Geschäftsführer er ist - tätig sei, wurde nicht nur unter Rechtsberatern, sondern auch bei der Deutschen Rentenversicherung und auf bundesministerialer Ebene intensiv darüber diskutiert, wie mit dieser völlig unerwartet entstandenen Problematik umzugehen sei. Allenthalben und wohl zu Recht wurde vermutet, dass das BSG sich der Tragweite seiner Entscheidung gar nicht bewusst gewesen sein dürfte.

 

Die Deutsche Rentenversicherung erklärte sehr bald, das Urteil nicht auf andere Fälle übertragen zu wollen. Der Bundesgesetzgeber beschloss kurzfristig, eine Gesetzesänderung herbeizuführen und tatsächlich wurden mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006 nun auch § 2 S. 1 Nr. 9 und S. 4 Nr. 3 SGB VI dahingehend geändert, dass bei Prüfung der Rentenversicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf die Verhältnisse bei der Gesellschaft und nicht auf das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft abzustellen ist. Das bis zu dem bezeichneten Urteil des BSG ganz allgemein vorherrschende Normverständnis ist damit festgeschrieben.

 

Nach einer aktuellen Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gelten die alten und neuen Kriterien im übertragenen Sinn übrigens auch für die GmbH & Co. KG. Ist etwa ein Kommanditist und zugleich Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH als deren Geschäftsführer angestellt und erbringt die GmbH außer der Geschäftsführung der KG keine weiteren Leistungen, hat sie keine weiteren Auftraggeber und beschäftigt sie keine Arbeitnehmer, soll dennoch und wie im Fall der Ein-Mann-GmbH auf die Außenverhältnisse der KG abzustellen sein. Ist diese für mehrere Auftraggeber tätig, unterliegt der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nicht der Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI.

 

Die durch das BSG gestiftete Verwirrung und die erfreuliche Klarstellung durch den Gesetzgeber sollen Anlass für eine kurze Übersicht über die Grundfragen der Sozialversicherung bei Gesellschaftern und Organen sein:

 

GmbH-Geschäftsführer

 

Geschäftsführer einer GmbH, die nicht zugleich deren Gesellschafter sind (Fremdgeschäftsführer), sind als leitende Angestellte zu qualifizieren und damit Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung. Für sie besteht regelmäßig Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Eine etwaige Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung ist davon abhängig, ob das regelmäßige Arbeitsentgelt des Fremdgeschäftsführers die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 SGB V übersteigt.

 

Geschäftsführer einer GmbH, die zugleich deren Gesellschafter sind (Gesellschafter-Geschäftsführer), sind keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Sie können dennoch versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sein. Die diesbezügliche versicherungsrechtliche Beurteilung ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Maßgeblich sind typischer Weise der Anteil an dem Kapital der Gesellschaft oder das Bestehen von Sperrminoritäten, die Befreiung von dem Verbot der Selbstkontrahierung (§181 BGB) sowie der Umfang der Bindung an Art, Zeit, Ort und Dauer der Arbeitsleistung. In besonderen Konstellationen wie etwa einer Familiengesellschaft können weitere Faktoren eine Rolle spielen. Eine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht für Gesellschafter-Geschäftsführer nicht.

 

Zu beachten ist, dass § 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV seit dem 01.01.2005 ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund für geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH vorsieht.

 

Vorstandsmitglieder einer AG

 

Vorstandsmitglieder einer AG sind wegen Beschäftigungen bei dem Unternehmen, zu dessen Vorstand sie gehören, nicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig (§ 1 S. 4 SGB VI, § 27 Abs. 1 Nr. 5 SBG III). Konzernunternehmen (§ 18 AktG) gelten dabei als ein Unternehmen. Wegen anderer Beschäftigungen können Vorstandsmitglieder einer AG renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sein. Eine Ausnahmeregelung sieht § 229 Abs. 1a SGB VI nur für Vorstandmitglieder vor, die am 06.11.2003 wegen einer vormals anderen Regelung in einer weiteren Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren.

 

Wegen der Frage der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung gelten die selben Grundsätze wie bei GmbH-Geschäftsführern.

 

Vereine und Genossenschaften

 

Die für Vorstandsmitglieder einer AG geltenden, besonderen Regeln finden keine Anwendung auf Vorstandsmitglieder von Vereinen und Genossenschaften. Für diese gelten die ganz allgemeinen Grundsätze, so dass eine Versicherungspflicht im Fall der Tätigkeit gegen Entgelt regelmäßig besteht.

 

Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG

 

Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG unterliegen der Sozialversicherungspflicht, wenn sie nicht einen beherrschenden Einfluss in der Komplementärgesellschaft (GmbH) haben und zugleich über diese Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auf die KG nehmen und dort entsprechende Lenkungsmacht entwickeln können.

 

Mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH

 

Wie im Fall der Gesellschafter-Geschäftsführer schließt die Beteiligung an einer GmbH die Sozialversicherungspflicht bei gleichzeitiger Tätigkeit für die Gesellschafter nicht per se aus. Eine Versicherungspflicht besteht vielmehr immer dann, wenn mitarbeitende Gesellschafter funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Betriebs teilhaben, hierfür eine entsprechende Vergütung erhalten und vor allem keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft haben.

 

Sonstige Mitunternehmer

 

Sonstige Mitunternehmer sind trotz ihrer Eigenschaft als Gesellschafter regelmäßig sozialversicherungspflichtig, wenn sie in einem weisungsabhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, nur mit ihrer Einlage haften und über ein Stimmrecht in der Gesellschaft von weniger als 50 Prozent verfügen.

 

Für Gesellschafter einer GbR gilt daher wegen ihrer uneingeschränkten persönlichen Haftung, dass grundsätzlich keine Sozialversicherungspflicht besteht.

 

Auch für Gesellschafter einer OHG und für Komplementäre einer KG gilt wegen der unbeschränkten persönlichen Haftung nichts anders.

 

Kommanditisten einer KG, die als Geschäftsführer oder sonst im Betrieb der Gesellschaft gegen Entgelt beschäftigt werden, sind dagegen grundsätzlich versicherungspflichtig. Anderes kann nur gelten, wenn Kommanditisten lediglich aufgrund des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit verpflichtet sind und die diesbezügliche Vergütung als vorweggenommene Beteiligung an dem Gewinn anzusehen ist oder wenn Kommanditisten mit Zustimmung aller Gesellschafter und von den persönlich haftenden Gesellschaftern unabhängig geschäftsführend tätig sind.

Sanjay Bakshi

DE, München

FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Keller Menz Rechtsanwälte

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